Freitag, 11. April 2008

Floh de Cologne



Profitgeier

Kompositionen und Texte: Floh de Cologne

Seite 1

He, hallo, Stift

Die einen kommen erster

Klasse zur Welt

Wir stehen am Rande

Bekenntnis der unpolitischen

Väter

Auf dem Arbeitsmarkt

Der Kapitalismus stinkt

Seite 2

Wir brauchen keine Millionäre

Die Luft gehört denen, die sie

atmen

Profitgeier

Wir werden immer mehr

Roh de Cologne

Hansi Frank (dr, voc)

Dieter Klemm (perc, org, voc)

Markus Schmidt (g, org, härm, voc)

Dick Städtler (b, g, voc)

Gerd Wollschon (perc, b, voc)

Produktion: Julius Schittenhelm

Aufgenommen live am 11.1.1971 in Neumünster und am 12. und 13.1.1971 im Windrose-Dumont Studio Hamburg

16.10 M

Verpackung nach TGL10609

Gestaltung: Klaus Vondeiwerth

Nur mit einem Mikro- oder Sterieoabtaster abspielen.

Für Stereoplatten (auch bei Monowiedergabe) nur einen Stereotonabnehmer verwenden. Platte und Abtastspitze stets von Staub reinigen

VEB DEUTSCHE SCHALLPLATTEN BERLIN DDR

Made in German Democratic Republic

Vor sechs Jahren schlossen sich fünf (ehemalige) Studenten der Theaterwissenschaft zusammen und gründeten in Köln ein Kabarett Sie nannten es „Floh de Cologne". Und sie machten ihrem Namen alle Ehre. Es gab keinen bundesdeutschen Profitgeier, der nicht ihre Stiche zu spüren bekam. Doch das ganze blieb Kabarett Und das genügte ihnen nicht Sie wollen mit ihrer Kunst verändern helfen. Was sie sagen, soll zur Aktion werden, soll umschlagen in eine neue, lebenswerte Realität, in der dem arbeitenden Menschen die erarbei¬teten Werte zugutekommen und nicht den Profitgeiern.

Kurzum: Das Kabarett, mit seinen abgezählten Sitzplätzen genügte den „Flöhen" nicht mehr. Sie suchten, und sie fanden ihr Publikum: junge Leute im Alter zwischen fünfzehn und zwanzig Jahren, Lehrlinge, Schüler. Studenten. Doch wie das Ohr dieses Millionenpublikums erreichen? Die breite Resonanz vier- und fünfköpfiger Gitarrengruppen in der Öffentlichkeit gab „Floh de Cologne" den Anstoß, politische Aktion und jugendwirksame Musik-zu verbinden. Man besann sich auf eigene musikalische Fähigkeiten und begann zum Instrument zu greifen: Hansi Frank zum Schlagzeug, Dieter Klemm und Gerd Wollschon zu Perkussionsinstrumenten, Markus Schmidt entpuppte sich als ein versierter Musiker auf Gitarre, Orgel und Mundharmonika, Dick Städtler wurde Bassist und Gitarrist in diesem Quintett; was nicht ausschließt daß auch er, wie alle übrigen, singt. Wobei darunter kein italienisches Belcanto zu verstehen ist sondern jener reizvolle, nuancenreiche Sprechgesang der Kabarettisten.

Sicher gab es damals und gibt es heute in der BRD viele Beat- und Rockformationen, die musikalisch perfektionierter sind, als die Gruppe „Floh de Cologne". Doch man spricht nicht über sie. Gesprochen wird über „Floh de Cologne". Und warum?

Die Schallplatte „Profitgeier" erklärt das. „Floh de Cologne" bedient sich nicht der jugendwirksamen Beat- und Rockelemente, um irgendetwas zu besingen, oder gar eine Musik zu machen, die die werktätige Jugend im Sinne der Unternehmer und Profitgeier manipuliert und verdummt Nein! „Floh de Cologne" reist in der BRD umher, tritt in Turnhallen, auf freien Plätzen und in Kinos auf, um mit seiner Musik und seinen Texten die Massen aufzuklären und gegen die Profitgeier zu aktivieren.

Junge Leute, die weder die Schrecken des imperialistischen Krieges miterlebt haben, noch die Methoden der kapitalistischen Unternehmer und ihrer Hintermänner genügend durchschauen, zum politischen Denken zu bewegen, ihren Blick für die Realitäten zu schärfen, das ist das Anliegen von „Floh de Cologne" und ihres Stückes „Profitgeier". Wobei man die Dinge beim Namen nennt: „Die Profitgeier hocken in allen Betrieben, sie hocken in den Justizpalästen und im Bundestag, sie hocken in den Banken und Industrieclubs."

„Floh de Cologne" zeigt aber nicht nur die Fratze des Kapitalismus. „Floh de Cologne" sagt auch, wer die historische Mission zu erfüllen hat den „stinkenden Kapitalismus" zu überwinden:

„Der Unternehmer heißt Unternehmer, weil er etwas unternimmt, der Arbeiter heißt Arbeiter, weil er arbeitet.

Würden die Arbeiter was unternehmen, müßten die Unternehmer arbeiten." Was die Schallplatte »Profitgeier" wiedergibt ist eine packende Folge von Songs, Wechselgesängen, Instrumentalstücken, Zitaten und Texten. Aus der Art der Darstellung geht hervor, daß hier beste Agitprop-Traditionen der Arbeiterklasse aufgegriffen und weitergeführt werden. Im Mittelpunkt des Geschehens stehen Gili und Uwe, zwei Lehrlinge aus Köln, die anfangen, politische Erfahrungen zu sammeln. Was sie vortragen, beruht auf Interviews und Gesprächen, die „Floh de Cologne" während der dreimonatigen Vorbereitungsarbeiten mit Lehrlingen in der BRD führte. Ergänzt durch Pressemeldungen werden Ungeheuerlichkeiten in der Lehrlingsausbildung aufgedeckt werden fadenscheinige Entlassungsgründe engagierter Gewerkschaftler, Repressalien und unqualifizierte Ausbildungsmethoden aufgespießt. Die Lehrlinge beschweren sich mit Recht über mangelnde Qualifizierungsmöglichkeiten und über das Lehrherrenprinzip der Unternehmer nach dem Motto: „He, hallo Stift hol mir mal 'ne Flasche Bier, fege mal die Bude" usw. Bei den Lehrlingen Gili und Uwe löst das Überlegungen aus: „Die einen kommen erster Klasse zur Welt und verdienen, die anderen zweiter Klasse und dienen." Schonungslos werden die Methoden der Ausbeutung charakterisiert:,,. .. da wird einer angebrüllt gefeuert, fertiggemacht" Zwischendurch enthüllen die „Flöhe" den Kreislauf zwischen Verdienst und manipuliertem Konsum. Sie zeigen, wie die Treuegefühle eines Arbeiters zu seiner Arbeit mißbraucht werden, und sie entlarven Machenschaften, echte Reformen zu sabotieren. Das ganze mündet in der Erkenntnis: „Er stinkt, der Kapitalismus stinkt" Und „Floh de Cologne" zieht daraus die Konsequenz: „Die Profitgeier müssen weg!" Wobei man keinen Zweifel läßt: Vollstrecker ist die Arbeiterklasse. Sie zur politischen Einheit und Aktion aufrufend, klingt das Werk aus: „Tut euch zusammen. Wehrt euch zusammen! Einigkeit macht stark. Wir haben erst angefangen, wir werden immer mehr." Die Musik ist für „Floh de Cologne" der „Leim, an dem die Worte besser kleben." Und so bedienen sie sich der Elemente sowohl des Beat als auch des Rock, der Schnulze und des Songs, um ihren Texten die nötige Resonanz bei jungen Leuten zu sichern. Beim genauen Hinhören merkt man, daß die Musik in Ausdeutung der Texte vielfach einen anderen Charakter bekommt So wird beispielsweise das Monotone der Rockmusik bei dem Titel „He, hallo, Stift" bewußt eingesetzt um die Monotonie und Sturheit des Lehrlingsdaseins in den monopolistischen Unternehmen aufzuzeigen. Oder man benutzt typische Mittel verhallter Schnulzen, um das Süßliche und Schmierige des stinkenden Kapitalismus auszudeuten. In einigen Musikstücken gelingt es der Gruppe „Floh de Cologne" Intonationen, die auf Eislersche Arbeiterlieder verweisen, mit Elementen der Beatmusik zu verschmelzen. Das Resultat ist überzeugend. Man höre sich den Song „Auf dem Arbeitsmarkt" an. Wobei die Strukturen der Musik meist einfach gehalten sind, um den Wortsinn nicht zuzudecken.

Was „Floh de Cologne" vorzutragen hat gehört noch immer zur harten Realität in der BRD. Und diese Realität ist weder schön noch angenehm. Warum sollte es der Gesang der fünf Kölner sein, die das Häßliche und Widerwärtige aufdecken, die aufrütteln und Wege weisen, die Profitgeier zu überwinden. Wichtiger ist, daß ihre Vortragskunst genau den Ton trifft, der unter die Haut geht, der von den werktätigen Massen verstanden wird, der Klassenbewußtsein fördert und formieren hilft. Darauf kommt es ihnen an.

H. P. Hofmann

Platte4-Seite1.ogg - 36697 KB

Platte4-Seite2.ogg - 36190 KB

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

danke schon!
god I love this band, I have the studio version